Die Preisträger 2018/19

Daniel Ortiz, M.Sc.

Daniel Ortiz

Daniel Ortiz kam aus Venezuela an die Universität Bremen. In Südamerika machte er an der Universidad Central de Venezuela seinen Bachelor in Biologie und an der Universidad Nacional Experimental de las Artes in Musik. Danach zog es ihn zurück in die Biologie, konkret die Meeresbiologie. Er legte seinen Master 2018 in dem gemeinsamen Studiengang von Universität Bremen und Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung ISATEC (International Studies in Aquatic Tropical Ecology) ab. Betreut wurde er am ZMT von Dr. Sebastian Ferse und Dr. Sonia Bejerano. Während der gesamten Studienzeit nahm er in Südamerika, Bermuda, Indonesien  und in Deutschland an verschiedensten (meeres-)ökologischen Trainings teil, zuletzt 2018 am United Nations System Staff College zur Agenda 2030 in Bonn, wo er auch als Freiwilliger arbeitete.

Die Arbeit von Daniel Ortiz aus der Riffökologie

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Daniel Ortiz mit Prof. Dr. Hildegard Westphal und Reiner Stoll von der KELLNER & STOLL-STIFTUNG als Laudator

Die Kernidee hinter der Masterthese von Daniel Ortiz war es herauszufinden, welche Indikatoren am besten die wichtigen ökologischen Prozesse in einem Korallenriff abbilden. Hierzu gehören das Korallenwachstum, die Menge pflanzen- oder fleischfressender Fischarten, die Bedeckung eines Riffs mit Algen u. a. m. Dahinter stand die Frage, ob die Prozessindikatoren besser aufzeigen können, in welchem Zustand sich ein Korallenriff befindet, als traditionelle Messmethoden, die z. B. nur die schlichte Anzahl von Fischen berücksichtigen. Daniel Ortiz hat die verschiedenen Beurteilungsmethoden miteinander verglichen, wobei sich die Prozess- oder Resilienzindikatoren als besser geeignet erwiesen als die bisher genutzten, denn letztere lassen die Zusammenhänge innerhalb eines Riffsystems außer Acht. Untersucht hat er seine Forschungshypothesen am Beispiel von sechs Marineschutzgebieten (MPA) im Norden von Sulawesi, Indonesien. Ergänzt wurde Daniel Ortiz’ Vorgehensweise durch eine Befragung von Stakeholdern der MPAs, um zusätzlich sozio-ökonomische Indikatoren zur Effektivität des Managements zu erhalten.

Daniel Ortiz konnte feststellen, dass die von den örtlichen Gemeinschaften gemanagten Schutzzonen in einem besseren Zustand waren als der von der Regierung überwachte und gepflegte Bunaken National Park. Ein Management, das mit den Interessen der Bevölkerung zusammenpasst, ist auf Dauer erfolgreicher. Hier gelingt es, einige Kernfunktionen eines Korallenriffs aufrechtzuerhalten, die zentral sind für die Ökosystemdienstleistungen eines Riffs in der Zukunft.

Resilienzbasierte Indikatoren liefern zudem in Ergänzung zu den traditionellen Messmethoden wichtige Hinweise auf die künftige Entwicklung eines Riffs und seiner Fähigkeit, sich nach Störungen wieder zu erholen. Dr. Sebastian Ferse schreibt abschließend in seiner Nominierung: “Ultimately, this thesis offers an innovative, highly-informative and practical tool to evaluate the conservation outcomes of management activities in coral reefs.” Diese sind angesichts der zunehmenden Beeinträchtigung von Korallenriffen nötiger denn je.

Philipp Kenkel, M.Sc.

Philipp Kenkel hat bereits seinen Bachelor in Produktionstechnik an der Universität Bremen mit der Spezialisierung “Energiesysteme” gemacht. 2018 dann folgte der Master im Fachgebiet Systemverfahrenstechnik nach einem Studienaufenthalt im Erasmus Programm an der University of Technology in Eindhoven, Niederlande. Er wurde betreut und vorgeschlagen von Prof. Dr. Edvin Zondervan. Seit seinem Abschluss arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bremen, eng verbunden mit dem artec | Forschungszentrum Nachhaltigkeit. Sein Forschungsinteresse gilt insbesondere einem resilienten Energiesystem der Zukunft.

Die Arbeit von Philipp Kenkel aus dem Bereich resiliente Energiesysteme

Philipp Kenkel mit Prof. Dr. Hildegard Westphal und dem Laudator Michael Wolff von den Alumni der Universität Bremen e.V.

Philipp Kenkel hat ein Zukunftsmodell für die Erzeugung von Biokraftstoffen entwickelt, die nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stehen. Das praktische Resultat seiner Arbeit besteht in einem Prozessschema, das zwei Bioraffinerien mit zwei unterschiedlichen Inputmaterialien – Weizenstroh und Algen – miteinander verbindet. CO2 und Abwasser werden dabei vollständig genutzt, um Biokraftstoffe zu erzeugen. Es gibt hier keinen Abfall, sondern alles wird genutzt, sodass am Ende ein Kreislauf entsteht.

Dieses Entscheidungsmodell kann Planende dabei unterstützen, die optimale Verknüpfung unterschiedlicher Anlagen und Ausgangsstoffe zu finden. In der Nominierung heißt es, Philipp Kenkel habe quasi ein “tom-tom”, also ein Navigationssystem für Ingenieure entwickelt, bei dem man einen Ausgangspunkt definiert – z. B. CO2, Algen oder Abwasser –  und ein Ziel eingibt wie Biokraftstoffe und Kohlenstoffdioxidreduktion. Das von Philipp Kenkel erarbeitete Strukturmodell wird dann den vermutlich geeignetsten Weg durch die vorhandenen Technologien kalkulieren und aufzeigen, wie man am besten welche Technologie mit einer anderen verbindet, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen: “navigating you through different technologies”, sagt der Nominierende und Betreuer von Philipp Kenkel, Prof. Dr. Edwin Zodernvan.

Es ist völlig klar, dass mit der Frage nach resilienten Energiesystemen eine ganz entscheidende für unsere Zukunft angesprochen wird. Der oft verengte Blick auf Solar- und Windenergie wird hier verlassen und ein viel breiteres Bild potentieller Energieerzeugung ohne Klimabelastung gezeichnet.

Dr. Anna Schwachula

Dr. Anna Schwachula hat ihre Dissertation zur Dr. rer. pol. als Externe 2018 an der Universität Bremen abgeschlossen. Betreut wurde sie von Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge aus den Sozialwissenschaften an der Universität Bremen, gleichzeitig Abteilungsleiterin am ZMT. Entwicklungspolitische Fragestellungen beschäftigten Anna Schwachula von Anbeginn an. Sie machte ihren M. A. zum Thema “Havanna in der Literatur”. Danach wurde sie Mitarbeiterin der Alexander von Humboldt-Stiftung mit der Regionalzuständigkeit Lateinamerika. “Wissenschaftskooperation mit Lateinamerika” war vier Jahre lang ihr Thema als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Internationalen Büro des BMBF beim Projektträger DLR. Sie wurde Doktorandin am Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn, ging nach Peru und Brasilien, um dann für die Geschäftsstelle des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) zu arbeiten. Heute ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik mit dem Schwerpunkt “Inter- und transnationale Zusammenarbeit mit dem globalen Süden” tätig.

Die sozialwissenschaftliche Promotion von Dr. Anna Schwachula

Dr. Anna Schwachula mit Prof. Dr. Hildegard Westphal und Laudator Prof. Dr. Andreas Breiter, Konrektor der Universität

In ihrer Doktorarbeit analysiert Anna Schwachula deutsche Wissenschaftspolitik im Bereich Nachhaltigkeitsforschung, insbesondere die Kooperation zwischen Deutschland und Entwicklungs- oder Schwellenländern. Basierend auf qualitativen empirischen Daten fragt Anna Schwachula nach der inhaltlichen Ausrichtung der Förderpolitik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und deren Orientierung an Nachhaltigkeitszielen, nach Entscheidungsgrundlagen, beteiligten Personen sowie Auswirkungen der Politik. Die Arbeit zeigt, dass in der Forschungspolitik ein technisches und wirtschaftsgetriebenes Verständnis von Nachhaltigkeit vorherrscht. Aus der Perspektive einer globalen nachhaltigen Entwicklung greift dieses Verständnis zu kurz. Auf Basis der Analyse gibt Anna Schwachula Empfehlungen für eine Wissenschaftspolitik der partnerschaftlichen Kooperation zum beiderseitigen Nutzen, die an Zielen globaler nachhaltiger Entwicklung ausgerichtet ist.

Anna Schwachula beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit den Auswirkungen der Politik und Förderpraxis auf die internationale Kooperation. Ihre Forschung zeigt, dass auch innerhalb der Wissenschaftszusammenarbeit, die als gleichberechtigte Partnerschaft konzipiert ist, oft  Machtgefälle und Ungleichheit zwischen verschiedenen internationalen Partnern bestehen, u. a. durch die Tradierung stereotyper, kolonialer Denkweisen. Dies schwächt die Kooperationsbereitschaft und den Wissensaustausch. Anna Schwachula kann zudem nachweisen, dass die vom BMBF im Forschungsprogramm für Nachhaltigkeit geförderten Projekte vor allem unter der Prämisse stehen, das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands zu gewährleisten, d. h. der Nachhaltigkeitsgedanke wird durch die Förderpraxis konterkariert.