Die Jury-Entscheidung 2018/19

Kurz vor Beginn der Jury-Sitzung in der “Kapelle”, einem Sitzungsraum der Universität

Es war erstaunlich: Obwohl die Anzahl der eingereichten Arbeiten geringer war als im Vorjahr, fiel es der Jury ausgesprochen schwer, eine Entscheidung zu treffen. Das lag nicht nur an der Qualität der Arbeiten, sondern vor allem auch an der großen Bandbreite der eingereichten Themen. Es war gar nicht so einfach, zu einer fairen Beurteilung zu kommen, weil die verschiedenen Fachgebiete eben auch sehr unterschiedliche Arten des Arbeitens aufweisen und damit auch auf kaum vergleichbare Weise zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Die Jury glaubt dennoch, zu einer guten Auswahl gekommen zu sein und betont noch einmal ausdrücklich, dass dies keinerlei Abwertung derjenigen Nominierungen bedeutet, die nicht gewonnen haben.

Prof. Dr. Hildegard Westphal und Prof. Dr. Justus Notholt

Die Jury tagte nicht ganz vollzählig. Im Vorfeld waren jedoch Absprachen erfolgt, sodass alle die letztlich getroffene Entscheidung gut mittragen konnten.

Die Vorbereitung durch die Mitarbeiterinnen der Universität war wieder perfekt, sodass die Jury konzentriert an die Arbeit gehen konnte.

Zufrieden mit ihrer Entscheidung zeigte sich die vollzählig anwesende Jury nach der Preisverleihung am 09.05.2019 im ZMT.

v .li. n .re.: Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, Prof. Dr. Andreas Breiter, Prof. Dr. Justus Notholt, Dr. Rita Kellner-Stoll, Reiner Stoll, Prof. Dr. Hildegard Westphal, Michael Wolff und Fritz Habekuß

Die Begründungen der Jury

Dr. Anna Schwachula erhielt den CAMPUS PEIS für ihre sozialwissenschaftliche Dissertation an der Universität Bremen mit dem Titel: “Sustainable development in science policy-making. A discourse analysis of the German Federal Ministry of Education and Research’s policies for international cooperation in sustainability research”.

Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Anna-Katharine Hornidge, die deshalb als Jury-Mitglied an der Entscheidung für Anna Schwachula nicht mitgewirkt hat. Nominiert wurde die Dissertation von Prof. Dr. Michael Flitner vom artec | Forschungszentrum Nachhaltigkeit der Universität Bremen.

Die Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt: “Die Arbeit bietet eine kritische Auseinandersetzung mit der derzeitigen Förderpolitik im Wissenschaftsbereich. Die Wirkungen vor Ort (hier an Beispielen aus Südamerika) zu untersuchen, war ein lange überfälliger Ansatz. Frau Schwachula deckt auf, dass die konkreten Auswirkungen der vom BMBF geförderten Nachhaltigkeitsforschung dem selbst formulierten Anspruch nicht genügen. Die Arbeit ist als mutig zu bezeichnen, da sie das eigene Metier in Frage stellt. Auch deckt Frau Schwachula Widersprüche im bundespolitischen Handeln (BMZ / BMBF) auf. Die Arbeit beinhaltet eine wichtige Botschaft oder Nachricht.”

Die Entscheidung für eine Masterarbeit wurde in diesem Durchgang geteilt. Es gab zwei Preise, und zwar für Daniel Ortiz, einen Meeresökologen, und Philipp Kenkel aus der Produktionstechnik.

Philipp Kenkel wurde von Prof. Dr. Edwin Zondervann betreut und vorgeschlagen. Der Titel seiner Arbeit lautet “Development of a superstructure framework for the techno-economic optimization of an integrated algae biorefinery“. Die Jury stellte heraus: “Die Arbeit adressiert eine der größten Herausforderungen bei der Bekämpfung des Klimawandels und der auf regenerativen Energien ohne Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung basierenden Befriedigung der Energiebedürfnisse. Mit seinem Kreislaufansatz, bei dem CO2 nicht als Schadstoff, sondern als Ressource genutzt wird, trägt Philipp Kenkel zur Beantwortung einer zentralen Zukunftsfrage bei. Seine Arbeit hat das Potenzial, in der Praxis relevant zu werden, und ist insofern bemerkenswert, als sie auch ökonomische Aspekte in sein entwickeltes Entscheidungsmodell einbezieht.” Besonders angetan war die Jury von der Überlegung, resiliente Energiesysteme so zu “komponieren”, dass vermeintliche Abfallstoffe als Ausgangsmaterial für die Energieerzeugung genutzt werden können.

Daniel Ortiz beschäftigte sich mit Algen und ebenfalls mit Resilienzfragen, aber in einem komplett anderen Zusammenhang. Seine ausgezeichnete Masterarbeit trägt den Titel “Ecological processes as indicators of marine protected area performance in coral reefs of North Sulawesi, Indonesia“. Der gebürtige Südamerikaner Daniel Ortiz kam nach seinem Bachelor in Venezuela in Musik und Biologie nach Bremen, um das Studium mit einer Arbeit in Indonesien erfolgreich zu beenden. Er kennt sich folglich mit unterschiedlichen Kulturen aus. Sein Ansatz, die Funktionsfähigkeit und den Status von Korallenriffen nach dem Resilienzprinzip zu untersuchen, überzeugte die Jury. Sie urteilt: “Die Arbeit stellt ein Musterbeispiel für gelungene Forschung vor Ort dar. Neben der wissenschaftlichen ist vor allem auch die interkulturelle Leistung von Daniel Ortiz hervorzuheben. Als südamerikanischer Student in Bremen untersucht er die Managementpraktiken von Meeresschutzgebieten in Indonesien, wobei er mit dem Resilienzansatz erstmals einen wichtigen Nachhaltigkeitsaspekt in das Monitoring einbringt. Zudem überrascht er mit seinem konkreten Ergebnis, das den gemeinschaftlich, von den Anrainern gemanagten Gebieten einen besseren Zustand attestiert als dem Naturpark unter der Regie der Regierung. Bemerkenswert ist nicht zuletzt die umfangreiche Kommunikation mit den Stakeholdern vor Ort von Daniel Ortiz.”